Der Schutz vor Corona braucht ein Zuhause!

Auch in Marburg
Wir haben den Aktionstag der Seebrücke Marburg zum Anlass genommen, unsere Plakate zu erweitern und besonders den Leerstand in der Stadt in den Blick zu nehmen, denn: Der Schutz vor Corona braucht ein Zuhause!

Die Corona-Krise beleuchtet schlaglichtartig bereits bestehende Missstände in der Gesellschaft und verschärft die daraus folgenden Konsequenzen. Aus unserem Selbstverständnis als Interventionistische Linke versuchen wir uns daher an einer kritischen Bestandsaufnahme, die #Marburg und den Umkreis in den Blick nimmt. Gleichzeitig möchten wir die Perspektive dahingehend öffnen, dass sich aus der Krise auch Türen aufstoßen lassen:

Das UKGM und Privatisierung

Die Privatisierung des Universitätsklinikum Gießen Marburg GmbH hat den #Pflegenotstand verschärft und zu unzumutbaren Bedingungen für Beschäftigte und Patient*innen geführt. Die Zustände spitzen sich anhand der #Corona-Krise noch weiter zu. Bemerkbar macht sich das unter anderem daran, dass die Aufstockung der Intensivkapazitäten nur durch massive finanzielle Zuwendungen des Staates möglich ist. In der Kliniklandschaft zeigt sich ein verheerendes Bild: Noch im Februar forderte unter anderem Gesundheitsminister #Spahn eine umfassende Schließung von Kliniken. Unter den aktuellen Vorraussetzungen wirkt das mehr als zynisch. Kleinere Krankenhäuser und Fachgebiete, die üblicherweise Kapazitäten vorhalten müssen, weil die Auslastung nicht berechenbar ist, stehen auf der Abschussliste - exemplarisch dürfte die Schließung der Geburtsstation im Diakonie-Krankenhaus Wehrda diesen Hintergrund haben (https://marburg.interventionistischelinke.
org/beitrag/drg-corona-und-asklepios).

Geflüchtete, Illegalisierte und Marginalisierte

Die Corona-Krise trifft wie jede Krise die unteren Klassen, Illegalisierten und Marginalisierten als erstes und am allerhärtesten. Wohnungslosen fehlt durch die Schließung der Tagesaufenthaltsstätte jegliche Rückzugsmöglichkeit. Noch Ende letzten Jahres startete die Stadt Marburg das Projekt "Probewohnen", mit dem Wohnungslosen ein Übergang zu einem festen Wohnsitz erleichtert werden sollte. OB Thomas Spies betonte damals: „In unserer Stadt soll niemand ohne Dach über dem Kopf leben müssen." Jetzt ist es an der Zeit dieses Versprechen nicht nur für einige wenige in die Tat umzusetzen, sondern für alle, die Bedarf haben. Von der Einschränkung der Bewegungsfreiheit betroffen sind insbesondere auch Geflüchtete, die an den #EU-Außengrenzen und in Erstaufnahmeeinrichtungen wie in #Gießen in überfüllten Lagern untergebracht sind und nicht die Möglichkeiten haben, dem geforderten “#SocialDistancing” nachzukommen. Dabei bedarf es nur wenig Fantasie, um sich die Konsequenzen von großen Ansammlungen von Menschen, deren Zugang zu Hygiene sowie gesunder Ernährung nicht gesichert ist, auszumalen. Ein Ausbruch von Corona hätte in diesen Lagern katastrophale Folgen. Ein Blick auf Lesbos zeigt auch, wie wenig den europäischen Regierungen daran gelegen ist,
Menschenleben zu retten. Als "#SichererHafen" hat sich Marburg zwar bereits dazu bereit erklärt, Menschen aus den griechischen Lagern aufzunehmen, doch die hessische Landesregierung und die #Bundesregierung stellen sich dagegen. Auch hier gilt es nicht nur seitens der Stadtregierung weiter Druck aufzubauen.

Marburg hat Platz

In der Universitätsstadt Marburg bleiben währenddessen zahlreiche Liegenschaften ungenutzt: komplett als #AirBnB-Unterkünfte dienende Häuser in der Oberstadt stehen leer, Wohnungen werden seit Jahren als Spekulationsobjekte gebraucht und deshalb nicht neu vermietet und auf Grund der aktuellen Situation haben auch Marburgs Hotels nahezu vollständig leerstehende Zimmer und viel Platz. Doch der Bedarf an Unterkünften ist größer denn je, denn Kontaktsperren und Isolation führen nachweislich auch zu einer Zunahme an häuslicher Gewalt, die zumeist Frauen und Kinder trifft. Die Folge: das chronisch unterfinanzierte Marburger Frauenhaus platzt aus allen Nähten.

Praktische Solidarität

Immerhin: In extremem Tempo ist in den letzten Wochen ein Verein zu Zwecken der Nachbarschaftshilfe aus dem Boden gewachsen – Solidarburg-Nachbarschaftshilfe Marburg i.G.. Aber ein funktionierendes Netzwerk aus hilfsbereiten Menschen entlässt die Stadt Marburg, die Landesregierung und den Bund nicht aus ihrer Verantwortung für die Menschen. Die Notwendigkeit für zivilgesellschaftliche Hilfsmaßnahmen ergab sich nicht zuletzt auch und vor allem aus der massiven Aushöhlung der sozialen Infrastruktur der letzten Jahre. Auch hieran zeigt sich, dass sich Bewältigungsstrategien nicht nur an den Teilen der Gesellschaft, die ohnehin weniger von den Auswirkungen zu befürchten
haben, orientieren dürfen. Mit solidarischer Organisierung von unten und konkreten linken Positionen innerhalb dessen ist uns eine Chance auf ihre Verankerung in der Gesellschaft gegeben. Es ist nicht nur die Tür, sondern das
Scheunentor für linke Politik, das es zu nutzen gilt.

Daher fordern wir:

1. Rückführung des #UKGM in öffentliche Trägerschaft: das
Gesundheitswesen muss demokratisch gesteuert und finanziert werden!

2. Zugang zum regulären Gesundheitssystem für alle Geflüchteten,
Marginalisierten & Illegalisierten!

3. Dezentrale Unterbringung Geflüchteter und Einhaltung
allgemeinverbindlicher Hygienestandards!

4. Ausnahmslose Aussetzung von Abschiebungen und Schließung aller
Abschiebungshaftanstalten!

5. Nutzung des aktuellen Leerstand wie Hotelzimmer und Ferienwohnungen
als Rückzugsmöglichkeit für Wohnungslose!

6. Bedarfsgerechte Räumlichkeiten und eine auskömmliche Finanzierung
für das Frauenhaus!

#LeaveNooneBehind #GesundheitsStattProfit #Enteignen